Tourismus im Schatten der Windräder
Der Wind, der dem Bestreben von Land und Bund, in M-V weitere etwa 10 000 bis 15 000 Hektar als Windeignungsgebiete auszuweisen, entgegen bläst, weht schon lange. Jüngste Entwicklungen, die mit "Altenlinden" unmittelbar vor den Toren Plaus möglicherweise ein nächstes Eignungsgebiet vorsehen, haben jetzt auch den Verkehrsverein Plau am See e.V. auf den Plan gerufen.
Der Verein - in ihm arbeiten Stadt, Tourismusanbieter und Plauer Tourist-Info zusammen - hatte sich bei seiner Gründung die touristische Vermarktung des Luftkurortes mit seinen Randregionen auf die Fahnen geschrieben, will Werbestrategien zur besseren Vermarktung entwickeln. Doch seit die Politik massiv an der Windenergie-Schraube dreht, bleibt dafür kaum noch Zeit. "Wir verschwenden unsere Ressourcen, weil wir uns seit zwei, drei Jahren nur noch mit Massentierhaltung und Windparks beschäftigen müssen", kritisiert Thorsten Falk, Vorsitzender des Verkehrsvereins. Zur eigentlichen Vereinsarbeit, geschweige denn dazu, sich um ihre Geschäftsfelder, sprich Hotels und Gaststätten, zu kümmern, kämen die Mitglieder fast gar nicht mehr. "Na klar, ich will auch preisgünstigen Strom, will für mein Steak kein Vermögen hinblättern und ich bin auch dafür, dass die Natur erhalten wird", räumt Falk ein. Was er und der Verkehrsverein aber nicht wollen: Dass der Tourismus in der Region immer mehr und immer größeren Windparks geopfert und die Landschaft mit Ställen für Massentierhaltung zugepflastert wird.
Bereits Ende März fassten die Mitglieder des Vereins deshalb einen Beschluss, der sich gegen die Ausweisung weiterer Windeignungsflächen und den Bau von Großviehanlagen richtet. Dass diese Geschlossenheit wahrscheinlich ohne Wirkung auf die Pläne von Bund und Land bleiben wird, ist ihnen bewusst. Denn sie, die den Tourismus in der Region voranbringen wollen, werden in den entsprechenden Verfahren gar nicht gehört. "Dabei denke ich nicht, dass das zuviel verlangt ist, denn immerhin ist unsere Branche direkt betroffen. Man sollte auch nicht vergessen, dass es das Land war, das vor Jahren das Ziel formulierte, M-V zum Tourismusland Nummer eins zu machen. Und der Landkreis nennt unseren Luftkurort sogar die Speerspitze des Tourismus", so Remo Block, Vorstandsmitglied des Verkehrsvereins.
Für die Mitstreiter des Plauer Verkehrsverein ist eines klar: Der Tourismus mit den hehren Zielen des Landes war zuerst da; die sogenannte Energiewende, die Mecklenburgs attraktive Natur mehr und mehr zu Spargel-Landschaften degradiert, sei ein Kind der Neuzeit. Thorsten Falk und Remo Block nennen es paradox, das eine zwar zu wollen, jedoch das andere zu fördern. "Aber genau so sieht es doch aus. Da werden die Kriterien zur Ausweisung weiterer Windeignungsflächen aufgeweicht, um Optionen auf weitere Parks zu haben, da werden Flächen gesperrt, weil 2000 Kühe natürlich regelmäßig auf Klo müssen, werden aus Tierschutzgründen voraussichtlich bald schon Teile des Sees nicht mehr zugängig sein…" Mit Förderung des Tourismus habe das alles nichts zu tun. Die Mitglieder des Verkehrsvereins kritisieren, wollen sich Gehör verschaffen, lamentieren. Aber es will ihnen einfach nicht gelingen, ihre Argumente an die richtige Adresse zu bringen. "Wahrscheinlich gibt es die gar nicht. Wahrscheinlich gibt es im Land wirklich niemanden, der die Gesamtproblematik kennt, den einen, der den Überblick hat", vermutet Thorsten Falk. Planlosigkeit will der Verkehrsverein nicht unterstellen. Aber besorgt ist er. In den letzten zwei Jahren haben Falk und Block und ihre Mitstreiter es mehrfach versucht, aber entweder hatten sie es mit Leuten zu tun, die für Windparks zuständig waren, die sich ausschließlich mit Massentierhaltung auskannten, die wussten was der Fischotter braucht… nur für die Belange des Tourismus, da sei keiner zuständig gewesen.
Trotzdem wird der Verkehrsverein nicht aufgeben. Vielmehr ist es sein Ziel, vor der Festlegung neuer Windeignungsräume in MV im Jahr 2015 die Kuh vom Windrad zu holen. "Wir wollen nicht irgendwann in der Situation sein, das ,Urlaubserlebnis im Windpark' anpreisen zu müssen", so Remo Block. "Nein, seit Jahren ist Plau Tourismusschwerpunktgebiet. Und nach unserem Verständnis sollte dem alles andere untergeordnet werden."
Was nach 2015 kommt, mag sich niemand im Plauer Verkehrsverein vorstellen. Thorsten Falk: "Alles wird bunter, die Touristen werden anspruchsvoller, natürlich man muss ihnen was bieten. Doch wir haben schon jetzt massive Probleme, bei dieser Entwicklung Schritt zu halten. Wir arbeiten an Netzwerken, sind dabei, gemeinsam mit den vielen kleinen Anbietern in der Region Angebotspakete zu schnüren. Weil aber entweder die Infrastruktur nicht da, oder aber verbaut ist, stoßen wir immer wieder an Grenzen, ."
Nur ein Beispiel: Seit Jahren gelingt es nicht, einen Radwanderweg rund um den Plauer See zu bauen. Immer wieder scheitert das für den Tourismus der Region so wichtige Projekt an Umweltauflagen. Thorsten Falk: "Hier wird nichts unversucht gelassen, Tiere und Pflanzen zu schützen, aber andererseits lässt man es zu, dass die Windparks unsere schöne Landschaft kaputt machen. Das muss mir mal einer erklären."
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